Felsklippen und Höhlen im Gebirgszug von Teutoburger Wald und Egge als Winterquartiere für Fledermäuse
Die klüftigen Kreideformationen von Teutoburger Wald und Eggegebirge haben mit ihrer Grenzlage zur Norddeutschen Tiefebene und der Münsterländer Bucht eine wichtige Funktion als Winterquartiere für die in den angrenzenden Naturräumen lebenden Fledermäuse. In ihrer Bedeutung besonders gut erforscht sind die für den Menschen zumindest teilweise zugänglichen größeren Höhlenbildungen (Hohlsteinhöhle, Kellerloch, Lukenloch) am Westrand der Egge im Kreis Lippe. Die in enger räumlicher Nachbarschaft liegenden Quartiere weisen eine gut dokumentierte, im Fall der Hohlsteinhöhle mehrtausendjährige Tradition als Fledermaus-Winterquartier auf.
Größe der Wintergemeinschaften
Die Fledermaus-Winterpopulation der Hohlsteinhöhle ist seit der Erstbegehung im Jahr 1911 gut dokumentiert. Mit 6-7 Arten entspricht das aktuelle Artenspektrum mit Ausnahme der in NRW 1965 ausgestorbenen Kleinen Hufeisennase und der Mopsfledermaus wieder dem Zustand zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Regelmäßig festgestellt werden Großes Mausohr, Teichfledermaus, Wasserfledermaus, Bartfledermaus (Große und Kleine Bartfledermaus), Braunes Langohr und Fransenfledermaus. Dominante Art bei den Zählungen ist das Große Mausohr.
Bereits 1946 wurde ein Rückgang der Fledermauszahlen deutlich, der nach 1953 zum Aussterben der ersten Arten führte. 1970 war der einst mehrere hunderte Fledermäuse umfassende Winterbestand auf 6 Tiere (!) zusammengebrochen. Neben Giften (Pestizide, Holzschutzmittel) wurden Störungen durch regen Höhlentourismus als wesentliche Ursachen für diesen Bestandseinbruch angegeben. Erst mit der Vergitterung des Höhleneinganges durch Kreis Lippe und Landesverband Lippe im Jahr 1988 setzte eine Erholungsphase ein. Diese positive Entwicklung hat sich bis in die Gegenwart fortgesetzt. Die auffällige Zunahme der Bestände seit dem Jahr 2006 steht aber auch im Zusammenhang mit der im Laufe der Zeit verbesserten Festlegung des optimalen Erfassungszeitpunktes der Winterbestände.
Mit einem aktuellen Winterbestand von etwa 1.000 Großen Mausohren ist die Hohlsteinhöhle das größte Winterquartier dieser streng geschützten Art in NRW und beherbergt annähernd 50 % des bekannten Winterbestandes von NRW.
In den historisch schlechter dokumentierten kleineren Höhlen Lukenloch und Kellerloch liegen die Zahlen überwinternder Fledermäuse naturgemäß deutlich unter denen der viel größeren Hohlsteinhöhle. Mit geringen Individuenzahlen in den 1970er Jahren und einem deutlichen Anstieg seit 2006 entspricht der Bestandstrend auch hier der bereits skizzierten Entwicklung. Trotz der deutlich geringeren Zahl der Überwinterer handelt es sich, gemessen an der Größe der Quartiere, gleichwohl um bedeutende Vorkommen.

Zeitliche Veränderung der Zahl sichtbarer Fledermäuse im Winterquartier
Wenn die bei Kontrollen der Jahre 2006 bis 2012 in der Hohlsteinhöhle festgestellte Zahl der Fledermäuse dem Zeitpunkt innerhalb eines Kalenderjahres entsprechend dargestellt wird, zeigt sich dass die Zahl der sichtbaren Überwinterer eng mit der Jahreszeit korreliert ist.
Bei Kontrollen im Dezember und Januar liegen die Werte vergleichsweise niedrig. Ende Februar erfolgt ein deutlicher Anstieg. Nach dem Maximum in der ersten Märzhälfte fallen die Zahlen mit dem beginnenden Ausflug der Tiere wieder ab. Die ermittelte Größe der Fledermaus-Winterpopulation in der Hohlsteinhöhle ist also stark abhängig vom Erfassungszeitpunkt.
In den kleineren Quartieren Lukenloch und Kellerloch konnte diese enge Korrelation zwischen den Bestandszahlen und dem Jahresverlauf nicht nachgewiesen werden. Aufgrund der unterschiedlichen Arten-Dominanzstruktur in den Quartieren liegt der Schluss nahe, dass dieser Effekt im Wesentlichen auf dem Verhalten der Großen Mausohren beruht
Zusammensetzung der Wintergemeinschaften
Die bis zu 60 m hohe kluftartige Hohlsteinhöhle mit zahlreichen nicht zugänglichen oder nicht einsehbaren Spalten ist nur eingeschränkt kontrollierbar. Dementsprechend dominiert in den optisch zählbaren Wintergemeinschaften das zumindest zeitweilig frei hängende Große Mausohr. In den kleineren, besser kontrollierbaren Winterquartieren Kellerloch und Lukenloch werden bei insgesamt deutlich geringerer Individuenzahl auch die anderen überwinternden Fledermausarten besser erfasst.
Aufgrund von subfossilen Knochenresten ist das Fledermaus-Artenspektrum in der Hohlsteinhöhle bereits zu einem Zeitraum bekannt, in dem die umgebende Landschaft vom Menschen noch weitgehend unbeeinflusst war. Übereinstimmend berichten die frühen Kartierer, dass das Große Mausohr die dominante Art in der Hohlsteinhöhle gewesen ist. Mit weitem Abstand folgte als zweithäufigste Art die Kleine Hufeisennase. Der letzte Nachweis dieser Art in der Hohlsteinhöhle stammt aus dem Jahr 1956. Die Mopsfledermaus ist vermutlich bereits in den 1950er Jahren in Lippe ausgestorben. Mit 6-7 stetig auftretenden Arten entspricht die aktuelle Zusammensetzung der Wintergemeinschaft wieder dem Zustand zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts.
Die Darstellung der prozentualen Zusammensetzung der Fledermaus-Wintergemeinschaften in den untersuchten Quartieren zeigt erhebliche Unterschiede in der Dominanzstruktur.
Literatur
Füller, M., Becker, A. Fölling, A. und R. Reifenrath (2012): Die Höhlen im lippischen Eggevorland als Winterquartiere für Fledermäuse. Lippische Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe, Jahrg. 81, S. 259-283.