Wiederfund des Quellgrases im Hardisser Moor nach 72 Jahren
Auf den ersten Blick sieht das Quellgras (Catabrosa aquatica) so aus, wie viele andere Süßgräser. Erst bei näherer Betrachtung wird seine Schönheit deutlich. Das allein wäre aber noch nicht bemerkenswert. Die Seltenheit dieser in Nordrhein Westfalen stark gefährdeten, im Naturraum der Westfälischen Bucht sogar vom Aussterben bedrohten Art macht den aktuellen Fund am Randes des Hardisser Moores bei Lage so besonders. Im Kreis Lippe galt das Quellgras - abgesehen von einem Vorkommen in der Senne - als ausgestorben.
Ausgerechnet am 13.05.2025 gelang nun bei Kartierungen, die wir im Auftrag der LANUK durchführen, der spektakuläre Wiederfund. Der letzte Nachweis des Quellgrases im Hardisser Moor stammt vom 11.06.1953. Damals fand es Fritz Koppe dort in Quellgräben. Seitdem galt die Art als verschollen und wurde bei zahlreichen Exkursionen verschiedener Botaniker in den Folgejahren nicht mehr nachgewiesen.
Danach gab es nur noch einen weiteren Fund, als Richard Pott 1980/81 das Quellgras im NSG Donoper Teich / Hiddeser Bent entdeckte. Auch dieses Vorkommen scheint erloschen zu sein.

Warum ist das Quellgras im Hardisser Moor verschwunden?
Ausschlaggebend ist die starke Abtrocknung des Moores. Bereits Fritz Koppe weist auf die Anfangs der 1950er Jahre beginnende Entwässerung der Moorflächen hin. Auch wenn Helmut Brinkmann 1980 noch von Quellbächen und oberflächlich anstehendem Wasser berichtet, verschlechterte sich der Wasserhaushalt in dem 1981 unter Naturschutz gestelltem Gebiet permanent.
Der rund 2 m über dem angrenzenden Oetternbach liegende Torfkörper ist abhängig von Quellaustritten an Böschungen zu dem im Westen angrenzenden, etwa 3 m höher liegenden Gelände. Mit dem Absinken der Grundwasserstände und vor allem mit der geänderten Niederschlagsverteilung seit den 1990er Jahren, versiegten diese Quellen zunehmend und das Moor wurde trotz des Verschlusses aller Entwässerungsgräben immer trockener.
Das Quellgras ist aber eine an regelmäßig überschwemmte Standorte angepasste Art, die bevorzugt nasse Standorte besiedelt, mit Sauerstoffarmut im Boden gut klar kommt, aber permanente Trockenheit nicht verträgt.

Und wieso ist es nun wieder da?
Seit dem nach heutigen Maßstäben außergewöhnlich niederschlagsreichen Jahr 2023 (welches früher als Normaljahr bezeichnet worden wäre), hat sich der Wasserhaushalt des Moores (vorübergehend) regeneriert. Erstmals seit vielen Jahren gibt es wieder schwankende Torfböden und oberflächlich überstaute Bereiche. Hinzu kommt ein glücklicher Zufall.
Im Jahr 2022 hat der Kreis Lippe am Nordrand des Moores einen Streifen der in das Moor hineinwachsenden Grauweiden entnehmen lassen. Hierdurch entstanden vegetationsfreie Rohböden mit kleinen Quellaustritten und Schlammflächen. Das von hier aus seit dem Jahr 2023 wieder in die angrenzenden Vegetation einrieselnde, leicht kalkhaltige Wasser bot ideale Bedingungen für eine Reaktivierung des alten Samenpotentiales. Aber vermutlich hat das leicht zu übersehende Quellgras seit 1953 hin und wieder im Moor geblüht und wurde nur nicht bemerkt. Da das Quellgras nun auch im weiteren Umfeld des Maßnahmebereiches nachgewiesen wurde, könnte auch allein die bessere Wasserversorgung Ausschlag gebend für das Wiederauftreten der Art sein.
Mit dem extrem trockenen Frühjahr 2025 und dem drohenden trockenen Sommer ist jedoch abzusehen, dass das Quellgras nun wieder für viele Jahre, möglicherweise für immer aus dem abtrocknenden Hardisser Moor verschwinden wird.
Literatur
Koppe, F. (1958): Carex umbrosa Horst in Lippe. Natur und Heimat, 18. Jahrg. Heft 1 S.10- 11.
Brinkmann, H. (1986): Die Pflanzenwelt des Naturschutzgebietes Donoper Teich - Hiddeser Bent. In: Naturschutzgebiete in Lippe (Hrsg. Lipp. Heimatbund), S.49 -60.
Brinkmann, H. (1986): Die Pflanzenwelt des Naturschutzgebietes Hardisser Moor. In: Naturschutzgebiete in Lippe (Hrsg. Lipp. Heimatbund), S.107-112.