Die Feldgrille erreicht den lippischen Südosten
Das auffällige Zirpen der Feldgrille ist bereits ab Mai zu hören und gehört zu den prägenden Eindrucken warmer Frühsommertage in einer offenen Wiesenlandschaft. Nicht zuletzt deshalb ist die Feldgrille in Kinderbüchern ein unverzichtbares Inventar, wenn das Leben in der Wiese dargestellt werden soll.
In der Realität kennen aber in Lippe nur wenige noch die Feldgrille. Dies ist auch kein Wunder, da die Art bis vor kurzem im Kreis Lippe außerhalb der Senne und isolierter Restvorkommen am Rand der Werreaue bei Pivitsheide als ausgestorben galt. Umso überraschender war bei einer abendlichen Wanderung am 02.06.2010 die Entdeckung von mindestens 20 Feldgrillen-Männchen, die auf einer lückigen Glatthaferwiese am Kirchberg bei Lügde ihr beeindruckendes Konzert erklingen ließen. Weitab vom nächsten bekannten Vorkommen gibt es am Kirchberg eine isolierte kleine Feldgrillen-Population im lippischen Südosten.
Mit der lückigen Vegetationsstruktur, grabefähigen Boden und einer hohen Sonneneinstrahlung bot die Fläche alles, waseine Feldgrille so braucht.Feldgrillenmännchen stridulieren meist vor selbstgegrabenen Wohnröhren. Partnerfindung ist Sache der Weibchen: diese wandern auf der Suche nach Männchen umher. Mit der lückigen Vegetationsstruktur, grabefähigen Boden und einer hohen Sonneneinstrahlung bot die Fläche alles, was eine Feldgrille so braucht.
Vorboten des Klimawandels
Auch wenn der kalte letzte Winter uns manchmal zweifeln lässt. Die aktuelle Ausbreitung der Feldgrille (auch im Kreis Gütersloh gibt es neue Vorkommen und auch bei Pivitsheide im Kreis Lippe scheinen sich die Bestände zu vergrößern) könnte ein Hinweis auf unsere zunehmend wärmer und trockener werdenden Sommer sein. Diese sind Voraussetzung für individuenstarke Feldgrillen-Populationen. Feldgrillen sind deshalb in Norddeutschland auf Wärmeinseln und hier insbesondere auf Biotope mit hohen Wärmesummen beschränkt. Dies sind zumeist süd- oder westexponierte trockene Wiesen, Halbtrockenrasen, Heiden oder Böschungen mit lückiger Vegetation und lockeren, grabfähigen Böden.
Trotzdem könnte die Feldgrille auch zu den Verlierern des Klimawandels gehören. Die bei milden, regenreichen Wintern früher einsetzende Entwicklung der Gräser verschlechtert die Lebensbedingungen der Feldgrille. Da wo es dunkel und (morgens) länger feucht ist, verschwindet sie. Trotz heißer Sommer könnte die Art so zunehmend auf optimale Biotoptypen mit verzögerter Vegetationsentwicklung beschränkt werden. Das sind bei uns in der Regel extrem nährstoffarme trockene Standorte. Alles nicht so einfach mit dem Klimawandel.
Wo kommen die Feldgrillen her?
Spannend ist die Frage der Besiedelung des Kirchberges. Bei Untersuchungen Ende der 1990er Jahre konnte die Art auf dem Kirchberg auch auf der derzeit besiedelten Fläche nie nachgewiesen werden. Da Feldgrillen nicht fliegen können, ist eine Besiedelung aus der Senne angesichts der Länge des Fußmarsches für so ein kleines Insekt undenkbar. Aber vielleicht gibt es ja in der Nachbarschaft weitere, bislang übersehene Vorkommen?