Vielfalt um jeden Preis?
Bei Kartierungen in Halbtrockenrasen am Nordrand des Teutoburger Waldes bei Oerlinghausen fanden Mitglieder unserer Botanik AG mehrere natürlicherweise bei uns nicht vorkommende Pflanzenarten. Neben dem gelbblühenden Rindsauge wuchsen dort auch ungewöhnlich große Exemplare des eigentlich heimischen Kleinen Wiesenknopfes. Erst die nähere Bestimmung zeigte, dass es sich um eine aus dem Kaukasus und Südeuropa stammende Kleinart handelt. Wegen ihrer Größe wird diese Art gern in Ansaatmischungen verwendet, ist aber auch im Pflanzenhandel erhältlich. Wie so oft wird der "mickrige", aber genetisch besonders an den Standort angepasste Vertreter unserer heimischen Flora ersetzt durch einen optisch attraktiveren Verwandten. Die über jahrhunderte entstandene genetische Vielfalt einer Art mit lokal angepassten Sippen wird so zunehmend durch uniforme europaweit verkaufte Samen ersetzt.
Durch das Ausbringen von Pflanzen anderer Wuchsgebiete erfolgt über die genetische Verarmung hinaus auch eine Vereinheitlichung der Optik und der Artenzusammensetzung. Offensichtlich halten wir es nicht aus, dass nördlich gelegene Magerrasen von Natur aus ärmer sind, als südliche. Stattdessen sorgen wir auch hier für eine Uniformität, wie wir sie im Fast Food-Bereich oder aber in der Apfelsortenwahl bereits zur Genüge kennen.
Ähnliche Beispiele lassen sich für viele Gebiete in Lippe aufführen. Stark überformt ist z.B. die Umgebung des Windmühlenstumpfes bei Barntrup. Hier wurden in einem Naturschutzgebiet illegal zahlreiche Pflanzenarten ausgebracht.Ganz weit vorne unter den angesalbten Pflanzen in Lippe liegt die optisch attraktive Karthäuser-Nelke.
In diesem Zusammenhang lohnt es sich auch darüber nachzudenken, ob überall in der Landschaft "Wild"-Blumenmischungen ausgebracht werden müssen? Zumindest sollte man genau auf die Herkünfte der Samen achten, weil wir sonst dazu beitragen, die genetische Vielfalt unserer Region durch einige wenige Mischungen zu ersetzen.