Zwergfledermaus-Invasion in der FH Detmold

Am 09. September 2014 erhielten wir einen Anruf des Liegenschaftsbetriebes NRW. In einen Schulungsraum der Fachhochschule Detmold seien Fledermäuse eingeflogen und könnten nicht mehr hinaus. Bei einem umgehend vereinbarten Ortstermin bot sich ein faszinierendes Bild. Aus der linken Führungsschiene einer an der Wand montierten Tafel ertönte lautes Gezeter von Zwergfledermäusen. Überall im Raum verstreuter Fledermauskot ließ auf eine größere Ansammlung schließen.

Junge Zwergfledermäuse erkunden auf der Suche nach potentiellen Quartieren gezielt Spalten und Ritzen. Ab und zu fliegen sie dabei auch durch gekippte Fenster in Wohnräume ein und suchen hier Tagesverstecke auf, so wie sie es in der "freien Natur" auch tun würden. Künstliche vom Menschen hergestellte Quartiere mit glatten Innenwänden, wie z.B. Regenrohre, Blumenvasen oder - wie im vorliegenden Fall - Führungsschienen von Wandtafeln, können zu Todesfallen werden, da die Fledermäuse nicht mehr nach oben krabbeln können. Da diese Fallen zum Fliegen zu eng sind, verenden die gefangenen Fledermäuse, sofern sie nicht rechtzeitig bemerkt und befreit werden.

In diesem Fall war die Notlage aufgrund der Lautstärke der gefangenen Zwergfledermäuse unverkennbar. Nachdem die Hausmeister die Führungsschiene abgebaut hatten, kamen 31 bereits verendete Tiere zum Vorschein. Die Überlebenden saßen unerreichbar in der Mitte der Schiene auf einem hydraulischen Stempel. Nun war Geduld angesagt. Innerhalb von etwa 2 Stunden krabbelten 58 Zwergfledermäuse heraus, streckten die Flügel, orientierten sich und flogen ohne weitere Hilfe mehrere Runden durch den Raum um schließlich durch eines der geöffneten Fenster wieder in die Freiheit zu gelangen. Mindestens weitere 8 Tiere warteten die einbrechende Dämmerung ab.

Verhängnisvolle Lockrufe

Die in einem Quartier gefangenen Fledermäuse locken mit ihren Kontaktrufen weitere Fledermäuse an, die davon ausgehen, dass sich hier ein gutes Quartier befindet, da ja dort schon mindestens eine andere Fledermaus ist. Je mehr Fledermäuse beisammen sind, um so stärker wird die Ruffrequenz und die anlockende Wirkung. Immer mehr Fledermäuse werden so in die Falle gelockt. Und alles nur, weil die Botschaft der Fledermausrufe lautet "ich bin hier" und nicht "ich komme hier nicht mehr raus". Biologisch gesehen ist dieses Verhalten durchaus sinnvoll - sonst hätten Fledermäuse nicht bis heute überlebt. Die Kontaktrufe helfen ihnen in unbekanntem Terrain bei der Suche nach geeigneten Quartieren. Zudem gibt es in der Natur normalerweise keine völlig glatten Flächen. Glücklicherweise kommen Fehlleistungen in künstlichen Quartieren, wie hier beschrieben, nur selten vor.

Nichts gelernt

Am ersten Augustwochenende 2018 war es wieder einmal so weit. 30-40 Zwergfledermäuse waren nachts durch ein gekipptes Fenster in die Fachhochschule Detmold eingeflogen und hatten sich in einen Spalt im Treppenhaus zurückgezogen. Da dieses Quartier schlecht zugänglich war, wurde beschlossen den abendlichen Ausflug abzuwarten und dann alle Fenster zu öffnen, damit die Zwergfledermäuse ihr unfreiwilliges, aber recht geräumiges "Gefängnis" wieder verlassen konnten.

Was dann folgte, war eine Lehrstunde zum Verhaltensrepertoire von Zwergfledermäusen. Die Fledermäuse dachten gar nicht daran nach draußen zu fliegen, sondern nutzten das geräumige Treppenhaus und die lange Flure als Jagdgebiet. Bei dem naturgemäß ausbleibendem Fangerfolg wechselten sie lediglich den Gebäudeflügel oder das Stockwerk. Erschwerend kam hinzu, dass sich die großen Fenster nicht ohne Weiteres öffnen ließen und nur die normalen Fenster auf den Fluren als Ausgänge verfügbar waren. Erst durch das Schließen der Verbindungstüren konnten die Flugräume so verkleinert werden, dass ein großer Teil der Fledermäuse endlich nach draußen fand. Gegen 23.30 waren nur noch drei unbelehrbare übrig. Diese zogen sich zeitweilig bereits wieder in Spaltenquartiere zurück, wurden aber immer wieder aktiv. Da sie hierdurch aber bereits wieder von außen andere Zwerge anlockten, wurde die Aktion gegen Mitternacht abgebrochen und alle Fenster verschlossen.

Denn auch mit der Rückkehr der "befreiten" Fledermäuse musste gerechnet werden. Wenn der Bauch voll ist kehren sie möglicherweise genau in das Quartier zurück, aus dem sie gerade befreit wurden. In den Folgetagen wurden dann noch einzelne Fledermäuse gefunden - aber der Großteil war bereits befreit worden.

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