Bislang übersehen: Ulmen-Zipfelfalter im Kreis Lippe

 

Ulmen-Zipfelfalter halten sich im Kronenbereich der Bäume auf. Mit ihren dunklen Flügeln fallen sie im Gewirr der Äste und Blätter kaum auf. Nur mit viel Glück sind die Falter in Bodennähe beim Blütenbesuch zu beobachten. So überrascht es nicht, dass für das Weserbergland nur 8 Fundortangaben aufgelistet werden - keiner davon liegt im Kreis Lippe (vgl. Pähler, Dudler 2010).

Folgerichtig wurde die Art in der Roten Liste (2010) für NRW insgesamt, aber auch für das Weserbergland mit dem Status 1 (vom Aussterben bedroht) geführt. Zu dieser Einschätzung hat vermutlich auch das Ulmensterben beigetragen. Da die Raupen des Ulmen-Zipfelfalters zuerst an den Blüten fressen, sind sie in ihrer Entwicklung zwingend auf das Vorkommen blühfähiger Ulmen angewiesen.

Wiederentdeckung einer Art

Durch aufmerksame Begehung der ihm bekannten Ulmen-Standorte im Raum Detmold zur Flugzeit der Falter konnte Stefan Häcker bereits 2016 zahlreiche Sichtbeobachtungen der in den Baumkronen fliegenden Falter machen und diese in den folgenden Jahren auch bestätigen. Michael Derra, ein vom Rhein an den Rand des Schwalenberger Waldes gezogener Schmetterlingskundler, wandte eine andere Methode an. Er suchte nach den Eiern der Ulmen-Zipfelfalter.

 

Artnachweis durch Eiersuche

Ulmen-Zipfelfalter legen ihre Eier einzeln in der Nähe von Ulmenknospen ab. Bevorzugt werden hierbei gut erreichbare, exponierte Zweige in einer Höhe von mehr als 2 Metern. Diese Eier überdauern den Winter bis dann im Frühjahr zur Ulmenblüte die Raupen schlüpfen.

Angesichts der geringen Größe der Eier und der ungünstigen Lage der Ablageorte ist es verblüffend, dass Michael Derra überhaupt Eier des Ulmen-Zipfelfalters gefunden hat! Aber mit dem richtigen Einfühlungsvermögen in die Eiablagestrategie des Schmetterlinges und der nötigen Ausdauer gelangen ihm in nur zwei Jahren aus fast allen Bereichen des Kreises Lippe - überall dort wo noch Ulmen vorhanden sind - Reproduktionsnachweise der ausgestorben gewähnten Art.

Offensichtlich ist es "einfacher" - besser ausgedrückt erfolgreicher - im Winter nach den winzigen Eier zu suchen, als im Sommer ausgewachsene Falter zu beobachten.

Die beiden Schmetterlingskundler stehen mit der Erkenntnis, dass die verschollen geglaubte Art doch (noch) häufiger ist als vermutet, nicht alleine da. Auch in anderen Kreisen von NRW haben aufmerksame Beobachter in den letzten Jahren mehr Ulmen-Zipelfalter erfasst, als je zuvor. Bei der Neuaufstellung der Roten Liste für das Jahr 2021 wurde deshalb der Gefährdungsstatus der Art von 1 auf 3 (gefährdet) reduziert.

Eine zusammenfassende Darstellung zur Verbreitung des Ulmen-Zipfelfalters im Kreis Lippe und der angewendeten Methodik werden  Michael Derra und Stefan Häcker in den kommenden Berichten des Naturwissenschaftlichen und historischen Vereins für das Land Lippe veröffentlichen.

 

Also endlich eine positive Nachricht ?

Leider nein. Die tolle Arbeit der beiden Schmetterlingskundler zeigt lediglich, dass man schwer zu beobachtende Arten nur dann erfassen kann, wenn man die richtige Methodik anwendet und dabei vor einem hohen Zeitaufwand nicht zurück scheut.

Nach dem Ulmensterben sind die letzten Vorkommen blühfähiger und in Randlage stehender Ulmen im Kreis Lippe inselartig verteilt. Aufgrund der engen Bindung der Falter an ihren Wirtsbaum ist für isoliert stehende einzelne Ulmen nachgewiesen, dass hier über mehrere Jahre eine stabile Population überleben kann.

Aber was ist, wenn der letzte Baum fällt? Wenn dann nicht auf blühfähige Ulmen in der Nachbarschaft ausgewichen werden kann, bedeutet dies das Ende der isolierten Ulmen-Zipfelfalter-Gemeinschaft. Möglicherweise sehen wir aktuell nur die letzten Reste einer ehemals zusammenhängenden großen Population.

 

Logo Digital Park Gestaltung und Realisation dieser Internetseiten: Digital Park | neue medien