Wärmeliebende Heuschreckenarten auf dem Vormarsch

Trotz des fehlenden Sommers breiten sich Wärme liebende Heuschreckenarten in der Region weiter aus. Mit der Sichelschrecke (Phaneroptera falcata) wurde eine ehemals nur in Süddeutschland vorkommende Heuschreckenart erstmals im Lippischen nördlich des Teutoburger Waldes nachgewiesen. Sorgte im letzten Jahr der Fund der Feldgrille für Aufregung, so ist es aktuell der in unmittelbarer Nähe am Kirchberg bei Lügde erfolgte Nachweis der Sichelschrecke.

Wie die Feldgrille, so ist auch die Sichelschrecke in Norddeutschland auf Wärmeinseln und hier insbesondere auf Biotope mit hohen Wärmesummen beschränkt. Die von Muschelkalk gebildeten trockenwarmen, südwestexponierten Hänge des Kirchberges am Rande des Emmertales sind bevorzugte Ansiedlungsorte für Wärme liebende Arten.

Der Fundort, ein von Gebüschen umgebener versaumender Halbtrockenrasenrest, entspricht in idealer Weise den Lebensraumansprüchen der Sichelschrecke. Entscheidende Strukturparameter sind neben der geschützten Lage, die vertikalen Vegetationsstrukturen und die umgebenden Gehölze.

Bis 1970 bildete der Main die nördliche Arealgrenze der Sichelschrecke. Seit dem Ende der 1980er Jahre erfolgt in Nordrhein-Westfalen eine Ausbreitung entlang der Rheinschiene nach Norden (vgl. Verbreitungskarte des Arbeitskreises Heuschrecken in NRW) und zunehmend auch von Südosten. Erste Funde erfolgten bereits im Jahr 2008 im Osten von NRW im wärmebegünstigten Wesertal bei Höxter (Dr. M. Lohr, mdl. Mittl.). Wahrscheinlich wurde der lippische Südosten von dieser Population ausgehend über den Ausbreitungsweg entlang der Randhöhen des Emmertales besiedelt. 2009 wurde die Art bereits südlich des Teutoburger Waldes bei Oerlinghausen durch die Biologische Station Senne festgestellt. Darüber hinaus sind keine weiteren Nachweise in der Region bekannt. Was angesichts der perfekten Tarnung und des für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbaren "Gesanges" (Stridulation) auch nicht verwunderlich ist. Möglicherweise wurden erste Vorkommen in der Region bisher übersehen.

Die flugfähige Sichelschrecke besitzt ein hohes Ausbreitungspotential, so dass auch weitab von permanent ansässigen Populationen Einzeltiere angetroffen werden können. Es bleibt abzuwarten, ob die Beobachtung eines Weibchens am Kirchberg Zeichen einer dauerhaften Ansiedlung ist. Faszinierend ist die Eiablage dieser Heuschreckenart: sie legt ihre flachen Eier in Blätter von Laubgehölzen. Dazu ritzt sie die Blätter mit ihrem sichelförmigen Legebohrer seitlich an: eine echte Präzisionsarbeit.

Auch wenn die Sommerwochen sich derzeit nicht durch hohe Temperaturen auszeichnen, entscheidend für die Entwicklung der Sichelschrecke ist die Wärmesumme insgesamt. Angesichts des fast schon vergessenen, extrem trocken-warmen Frühjahres ist das Auftreten der Art in diesem Jahr nicht wirklich überraschend.

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